Steht Online-Werbung vor einem Paradigmenwechsel?

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Die Einführung von FLoC (Federated Learning of Cohorts) könnte Online-Werbung grundlegend verändern.

Individuelles Targeting

Die Theorie: je mehr hochwertige Informationen vorhanden sind, desto besser ist zielgerichtete Werbung möglich. Das ist ein wesentlicher Vorteil von Online-Werbung gegenüber klassischer Werbung. Bevor wir in diesem Artikel auf das Thema “FLoC” eingehen, geben wir eine kurze Übersicht zum Status Quo.

Klassische Werbung

Zu klassischer Werbung zählen zum Beispiel Print-, TV- und Radio-Werbung. Auch bei diesen Werbeformen ist Targeting möglich, aber nur sehr eingeschränkt. Beispielsweise ist ein genaues individuelles Profil einer Person, die ein Magazin kauft nur selten vorhanden. Bekannt sind aber Interessen die man aufgrund der inhaltlichen Ausrichtung des Magazins kennt. Individuelles Targeting ist bei klassischer Werbung nicht denkbar und somit bei Online-Werbung ein zentrales Verkaufsargument.

Online-Werbung

Der immer wieder genannte Vorteil von Online-Werbung ist die “Anti-Gießkannen” Eigenschaft. Das bedeutet: Anzeige von Werbung für relevante Personen statt Anzeige für alle. Natürlich gibt es auch bei digitaler Werbung sogenannte “Streuverluste”. Ein guter Kampagnen-Mix kann diese Verluste minimieren. Die granularste Ausprägung von Targeting ist das individuelle Targeting: die Ausspielung von Werbung aufgrund von individuellen Profilen. Eine weitere grundlegende Eigenschaft von Online-Werbung ist das detaillierte Tracking.

Die Targeting- und Tracking-Möglichkeiten des Online-Marketings hatten weitreichende Folgen. Das betrifft zum Beispiel Preis- und Leistungsmodelle der Werbe-Branche. Plötzlich wurden Kampagnen teilweise oder komplett auf messbarer Performance ausgerichtet. Eine weitere Folge war die zunehmend in den Fokus gekommene Frage des Datenschutzes. Denn bessere Messbarkeit ist natürlich auch mit mehr Datenfluss verbunden.

Online-Werbung und Datenschutz

Eine “auf mich abgestimmte” Werbung wirkt auf den ersten Blick nicht nur für Werbetreibende sondern auch für Nutzer vorteilhaft. Der Grund dafür ist einfach erklärt: wenn ich schon mit Werbung konfrontiert werde, dann bitte mit Produkten und Leistungen die mich interessieren.

Individuelles Targeting von Werbung im Netz wird schon seit Jahren kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite stehen Personen für die diese Art von Targeting einen Preis hat: Nutzerdaten. Auf der anderen Seite stehen Personen die Vorteile wie Relevanz und Performance in den Vordergrund stellen.

Das Sammeln von Nutzerdaten hat wesentlich dazu beigetragen, dass in Europa neue Anforderungen an den Datenschutz gestellt wurden. Geregelt werden die Anforderungen in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Wie kommen Werbetreibende zu individuellen Nutzerprofilen?

Abgesehen von freiwilligen Angaben in User-Konten, erfolgt im Hintergrund auf vielen Websites die Datensammlung insbesondere durch Cookies. Einen sehr empfehlenswerten Einblick gibt das folgende Kurzvideo (Sprache: Englisch).

Auch das Browser-Fingerprinting ist erwähnenswert. Hier liefern User allein durch die Benutzung des Browsers freiwillig oder unfreiwillig Informationen die für Werbezwecke verwendet werden können.

FLoC statt Cookies?

Was könnte sich nun ändern? Einer der größten Player im Bereich Online-Werbung ist Google. Und von Google geht nun eine Initiative aus, die das Sammeln von individuellen Nutzerdaten (z.B. über Cookies) obsolet machen soll. Einfach erklärt handelt es sich dabei nicht mehr um auf das Individuum zugeschnittene User-Profile sondern um “Kohorten”. Diese “Kohorten” (FLoC – Federated Learning of Cohorts ) kann man sich besser als User-Kategorien, Gruppen mit ähnlichen Eigenschaften oder provozierend formuliert als “Schubladen” vorstellen. Die ersten Tests wurden (außerhalb von Europa) bereits gestartet.

Mit Hilfe des Browsers werden Kohorten erstellt. Für relevante Kohorten muss eine bestimmte Größe von (“tausend(en)”) Usern erreichen werden. Es handelt sich dabei um anonymisierte aggregierte Daten. Da Google mit Chrome über eine eigene Browser-Distribution verfügt ist die FLoC-Initiative, mit dem werbewirksamen Titel “Privacy Sandbox”, auf jeden Fall relevant.

Google says it will be using what it calls a “privacy sandbox” to target ads to individuals by allowing advertisers to aim at aggregated groups with similar interests. CNBC Television

Spannend bleibt wie sich Mozilla (Firefox) und Apple (Safari) verhalten werden. Beide haben in der Vergangenheit zahlreiche Standardeinstellungen dahingehend verändert, dass Nutzerdaten nicht mehr in großem Stil und ohne Zustimmung des Users gesammelt werden können.